Unsere spannende Geschichte
1877 gründet der damals 28-jährige Pfarrvikar Louis-Lucien Rochat in Cossonay (CD) das Blaue Kreuz. In seiner Tätigkeit als Pfarrer musste er viele Familienväter beerdigen, die an den Folgen von übermässigem Alkoholkonsum starben. Das hatte ihn tief bewegt. Dagegen wollte er etwas tun.
Im Kanton Zürich geht die Gründung der ersten Blaukreuz-Sektion 1883 auf den Schuhmacher Heinrich Bosshard im Quartier Riesbach zurück. Jener Heinrich Bosshard, der sich an der Gründung der heutigen Forel Klinik in Ellikon a.d. Thur beteiligte (ursprünglich mit der Bezeichnung Trinkerheilstätte) und deren erster Hausvater er war – für 23 Jahre bis zu seinem Tod 1911. Das Blaue Kreuz verknüpfte sich über ihn stark für den Aufbau des stationären Behandlungsangebotes in Ellikon.
Erste kantonale Tagung
Am Pfingstmontag, 21. Mai 1888, starteten Blaukreuzler an der ersten kantonalen Tagung in Winterthur schliesslich den Kantonalverband Zürich.
Diese Tagung geht als 1. Kantonalkonferenz in die zürcherische Geschichte vom Blauen Kreuz ein - von den damals sieben Blaukreuz-Vereinen im Kanton Zürich nahmen rund 100 Frauen und Männer teil. Aus der ganzen Schweiz waren weitere Blaukreuzler angereist, darunter Louis Lucien Rochat. Zum ersten Präsidenten des Zürcher Kantonalverbandes wählte die Versammlung Hermann Eidenbenz aus Zürich.
Die Blaukreuzler bestimmten die Zuwendung zu Gott bei der Gründung als ein für die Überwindung des Alkoholismus unerlässlichen Schrittes. Die Forderung nach Abstinenz hingegen bestand nur gegenüber den Vereinsmitgliedern, der Aufruf an die Bevölkerung umfasste eine Mässigkeit beim Schnaps und bei den übrigen alkoholischen Getränken.
Im Rahmen des heutigen multifaktoriellen Suchtverständnisses beschäftigt die Frage, ob und was Sucht und Spiritualität miteinander zu tun haben, die Fachwelt immer noch, genauso wie manche von Sucht betroffenen Personen. Unsere Überzeugung: Für eine erfolgreiche Suchttherapie ist die Hinwendung zu Gott nicht notwendig. Bei Klientinnen und Klienten, denen das wichtig ist, kann diese Auseinandersetzung in die Therapie hingegen mit einfliessen; unsere personenzentrierte Vorgehensweise synchronisiert die optimale Therapie.
Verbesserung der Lebensqualität entscheidend
Die Abstinenz fokussieren wir nicht als höchstes oder einziges Ziel, sondern primär die Verbesserung der Lebensqualität. Auf dem Weg aus dem problematischen Suchtmittelkonsum oder aus der Abhängigkeit gibt es nebst der Abstinenz verschiedene andere Möglichkeiten der Konsumreduktion.
Explizit hiess es denn auch in der Zweckerklärung des Vereins von 1877: „…(das Blaue Kreuz) betrachtet den Wein, wenn er mässig genossen wird, durchaus nicht als ein der Gesundheit schädliches Getränk. Ebenso wenig verlangt es Enthaltsamkeit von jedermann.“ Das Blaue Kreuz positionierte sich als zielorientierter und liberaler Mässigkeitsverein und betrachtete Abstinenz nicht als sein Ziel, sondern als Methode. Und handelte sich in der Folge von Seiten der Abstinenzvereine heftige Kritik ein.